Keine Meinungen – Literatur.
Peter Handke beim Sauerkraut Essen zu
erwischen ist meine Absicht nicht, deshalb Eile, um noch rechtzeitig zu kommen.
Zum Geburtstag, zum Alter, zum Feiern von etwas, das kein Verdienst
sondern nur zu-gewachsen ist. Jahr nach Jahr hinzugewachsen, die Zahl wirkt
bedrohlich. So wie alle diese Zehnjahreszahlen. Schon das Jahr davor eine
Prüfung, so wie das Gelaber - der Gegner, das eigene, das zu bereuen nicht
erlaubt wird. Man wäre von der Rolle.
Ja, das hat er gesagt: „Ich komme von
Tolstoi, ich komme von Homer, ich komme von Cervantes. Lasst mich in Frieden“.
Mit solchen Reisegefährten – lassen sich da andere leichter ertragen? Lässt es
sich ertragen, mit wem man selbst reist, reisen muss: die Leser*innen, man kann
zwar das Publikum beschimpfen, aber Leser*innen? Nein, sie haben nicht immer
recht, sie sind nicht Kundenkönige, sie sind aber vielleicht jugendliche
Hornissenleser, angezogen vom als Provokateur erlebten jungen Schriftsteller
aus Kärnten, der wirkt wie einer aus der Popkultur. Wie eine Band einer
Einzelperson, ein Jochen Rindt ohne Team, die Frisur, der Text, den man doch
nicht ganz verstanden hat.
Beim „Wunschlosen Unglück“ schien
nichts mehr unklar, lauter Schlüsselbegriffe, und immer die Idee „Außenseiter“.
Einer, wie alle sein wollten damals. Außenseiter, aber nicht allein, wie er, so
könnte man glauben, war.
Suhrkamp. Das war besser als Adel
damals. Edition und Taschenbuch. Hardcover kam noch nicht in Frage, der rororo
Band der Hornissen erschien 1968, zwei Jahre später war ich dann weit genug, um
so etwas zu verstehen:
Geräusche hören, es wurde mein Beruf.
Nicht in das Feuer starren. Vielleicht brauchte das dann einen als Völkermörder
Angeklagten als Gesellschaft. Ich war am Tag dessen Rücktritt in Sarajewo.
Seltsam.
Geräusche hören, ja vielleicht sogar
sehen, wenn man ins Feuer starrt?
„Am nächsten Tag kam endlich wieder
‚Die Stunde des Gartens‘. Schon den ganzen Morgen hatte ich mich auf die
Betrachtung der Esche gefreut, und jetzt, bevor mich ihr zuwandte, ging ich
erst einige Zeit in der Weitläufigkeit auf und ab und kreuz und quer. Damit ich
auch ja für das Anschauen ‚freigeatmet‘ und klaräugig
würde.“
„Freigeatmet“ mit Anführungszeichen,
klaräugig ohne? Der Klappentext der Jubiläumsausgabe von „Kleine Fabel der Esche von München“ kommt nicht ohne Superlativ aus,
„dessen lange Blicke in das unerschöpfliche Buch der Natur mit zum schönsten in
seinem Werk gehören.“
Da wage ich es auch zu höchster
Steigerungsstufe, wissend, es ist unsinnig: es geht um die Geschichte vom
„Zweiten Schwert“. „I believed in fellow men“,
singt der Held gemeinsam
mit dem Taxifahrer - „when
I was young”. Eric
Burdon, aber nicht nur englisch, französisch sondern auch serbisch oder
serbokroatisch. So wie die Band Riblja Corda als jugoslawische begann und eine
serbische wurde.
Die andere Zeile aus dem Text gilt
für den Jubilar sicher nicht: „When I was younger, I was more important“. Jetzt schreibt er Sätze wie „Ich schlage um
mich mit meinen Rechten, also bin ich.“ Und meint natürlich nicht selbst.
Aber er sagte, gerade von Tolstoi,
Cervantes und Homer auf seiner Odyssee in Stockholm zwischengelandet: „Ich
hatte nie eine Meinung, ich schreibe keine Meinung, ich hasse Meinungen. Ich
mag Literatur.“
Alles Gute zum Geburtstag!