Ersteigert
26.1.2019
Am 16. Oktober habe ich
etwas gemacht, wovon ich normalerweise jedem abraten würde: ich habe ein Auto
ersteigert, ohne es vorher gesehen zu haben.
Am Donnerstag konnte ich
es das erste Mal sehen & angreifen.
Ich ging mit einem
Stanley Messer auf die Schutzhülle los, versuchte nichts abzukratzen und siehe
da, das Auto sah so aus wie auf den Bildern im Inserat auf der Seite
„bringatrailer.com“. Die Seite ist mir vor Jahren wegen ihres netten Namens
aufgefallen – ich fantasierte Menschen mit alten Anhängern wie sie zu seltsamen
Adressen fahren, um dort ein altes Auto abzuholen. Und mir tat leid, dass sich solche
Szenen vor allem in den USA abspielen.
Bei meiner „bring-a-trailer“-Versuchung
war das anders – sie stand in Kanada.
Ein 50 Jahre alter Formel
Ford Rennwagen „Alexis Mk.15“, dunkelblau, mit roter Nase.
Ich gab eine Minute vor Schluss
der Versteigerung das letzte Gebot ab, obwohl ich erst ein paar Stunden vorher
überhaupt das Wunschobjekt gesehen hatte. Sieht aus wie ein Lotus dieser
Klasse, ist ein Pionier der Formel Ford (in den USA und in down under werden heuer Rennen zum 50 Jahr- Jubiläum abgehalten),
und ich kann mich an diesem Jubeljahr unter dem Motto „zu verwirklichender
Bubentraum“ beteiligen. Da ich beim Rennfahren bisher ohnedies in einer der
langsamsten Klassen unterwegs war, stört mich das höhere Alter des Wagens gar nicht.
Am 24. Jänner sah ich
also das Auto, das ich am 16. Oktober ersteigert hatte, das erste Mal vor mir
stehend. Man ahnt nicht, wie aufwändig es sein kann, ein Auto von Ottawa nach
Münchendorf bei Wien zu transportieren. Im Schnee wurde Alex abgeholt,
verschifft, im Schnee wurde er von Rotterdam nach Österreich gebracht,
dazwischen gab es immer wieder Überweisungen – an den Verkäufer, den Spediteur
(Versicherung inklusive), das Hafen-Management für den Zoll, den
Weitertransport, und jetzt muss das Auto an europäische Rennstandards angepasst
werden.
Wo soll denn eigentlich
der Feuerlöscher hinkommen? Auch dafür wird sich ein Plätzchen finden, auch
wenn das Formel-Auto ziemlich eng ist. Einsteigen kann ich gut, aussteigen ebenfalls,
auch wenn ich den Sitz zuerst einmal verkehrt im Auto hatte. Beim wunderbaren
Autopfleger in Münchendorf (er fährt selbst mit einem fast so alten Formel 3
Wagen Rennen) besprachen wir die weitere Vorgangsweise – kaum gebrauchte aber
18 Jahre junge Rennreifen trägt das Auto derzeit, neue müssen bestellt werden,
die Heckverkleidung will besser fixiert sein, jahrgangsgerechte Rückspiegel
werden montiert, der Sitz angepasst, die Getriebeübersetzungen angesehen,
poröse Schläuche ausgetauscht, der Motor überprüft und überhaupt wartet eine
„Durchuntersuchung“. Und dann sollte ein Testtag kommen, rechtzeitig vor dem
ersten Rennen., Ob ich mit Alex genauso gut zurechtkomme wie mit dem 20 Jahre
jüngeren Van Diemen, wird sich wohl erst dann zeigen.
Inzwischen läuft vor
allem Kommunikation: P hat sich zur Rennmanagerin ernannt und zu einer kleinen
Alex-Begrüßungsparty eingeladen, H aus Dänemark schreibt mir, wo bei seinen
beiden Alexis die Feuerlöscher montiert sind, und ich habe via mail schon D R*
kennen gelernt, der nicht nur das Alexis-Register betreut, sondern ein weltweit
geschätzter Pionier im Sammeln von Daten der Formel 1 ist, auf Facebook wird
gratuliert und im einen oder anderen Gespräch herrscht Fassungslosigkeit angesichts
meiner dunkelblauen Freude.
Das erste Rennen soll von
12. bis 14. April am Red Bull Ring stattfinden. Wenn
alles gut geht, bekommt Alex die Startnummer 59.
* https://vintageracecar.com/duncan-rabagliati/