rainer rosenberg

 

 

Hauptsache es rollt

 

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Haben, gehabt – wiederhaben?

Habe in alten Fotos gewühlt. Unlängst eine Liste gemacht von gehabten Autos. Hatte mich zu sehr über ein neues geärgert und musste in zivilisierter Weise einen Streit beginnen, er ist noch nicht ausgestanden, aber soll hier auch nicht weiter kommentiert werden. Es geht mehr um die gehabten Autos und andere Fahrzeuge. Dinge, die sich ansammeln, von denen man sich trennen sollte. Wenn man nur wüsste, was einem nachher leidtun wird. Zum Beispiel: Fiat 850? Nein, Autobianchi A 112: ja. Renault 5 TS: nein, Fiat 128: nein. Alfa Giulia? Da waren fast 20 Jahre eigentlich genug und herschenken genau das richtige Ende (Ich sah sie Jahre später mit einem blauen Kennzeichen durch Wien fahren). Aber wie ist es zum Beispiel mit diesem Saab 96?

 

 

Günstig gekauft, einige Male das Pickerl bekommen, von mir handlackiert („tirolergrün“) und nachher viel poliert.

 

Fast verschenkt

Hatte einen Talbotspiegel. Um den Wert dieses Spiegels und einer neuen Batterie habe ich das Auto verkauft. Die Kollegin wollte den Führerschein machen, irgendwer hat ihr eine Restaurierung günstig zugesagt, dann kam eine Übersiedlung, der weitere Weg des Autos ist mir unbekannt. Nur so viel: er hatte ein Sportlenkrad, war abgewohnt, der Freilauf ließ sich nicht abschalten, aber er war wunderbar, bloß beim schnellen Bergabfahren wurden die Bremsen heiß. Bergauf ging es ja nicht so flott mit 65 PS.

Ich sehe immer wieder nach, ob es einen netten Saab 96 günstig gibt. So wie bei – es sei zugegeben – Giulias. Es gibt Autos mit denen bin ich genug gefahren und habe sie hergegeben, es gibt welche, die hätte ich noch immer gerne (und wäre wahrscheinlich enttäuscht, wenn ich merke, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist und was einst toll war nun fragwürdig). Es gibt welche, die würde ich hergeben, obwohl ja der Besitz von mehreren Autos nicht so schlimm ist wie das entsprechende Image: eine Person kann immer nur mit einem Fahrzeug fahren und ein Wechselkennzeichen schützt vor unökologischem verborgen. Außerdem fallen pro Auto weniger Reparaturen an, weil sich die Kilometerleistung verteilt – wenn man denn Standschäden vermeidet. Über Standschäden will ich aber nicht sprechen, bei all meinen alten Autos ist das nie passiert. Und was bei Neuwagen sein könnte? Darüber will ich schweigen siehe oben, ich bleibe dabei.

Talbotspiegel habe ich jetzt auf dem Formel Ford Alexis, dafür muss ich keinen Saab haben. Aber ich hatte auch noch nie ein Auto mit Speichenrädern, dafür müssen die Fahrräder genügen, obwohl… Wenn man genau schaut, geht die Bandbreite mindestens von „unleistbar“ (z.B. A wie Aston Martin, F wie Ferrari) bis „denkmöglich“ (z.B. A wie Austin Healey Sprite oder M wie MG). Allerdings ist mir das mit dem Hammer auf die Zentralverschlüsse Schlagen durchaus suspekt. Sie sehen aber so gut aus, passen aber nicht auf Autos, die sie nicht serienmäßig hatten, wie zum Beispiel den Saab. Da sind jenseits von seltenen Alufelgen noch Stahlfegen und originale Radkappen besser (wie zum Beispiel beim Saab auf dem Foto, handlackiert aber mit Chromradkappen. Musste einfach sein).

 

Suchen als Versuchung

Also – soll man gehabte Antiquitäten wiedersuchen? Nachdem ich meine alten Autorevues verschenkt hatte, habe ich bei passender Gelegenheit viel mehr als ich davor hatte nachgekauft. Nämlich alle. Die meisten liegen jetzt brav und ungelesen in Kisten unter dem Stiegenabsatz. Im Internet findet man alles schneller, das sagte mir damals auch der Sammler dieser Hefte, aber es stimmt nur teilweise: die Vorinternetzeit droht in ihrer Vielfalt zu verschwinden, weil eben nicht alles gescannt wird. Trotzdem, das Netz ist eine Fundgrube. Zum Beispiel gibt es schon auf einen schnellen Blick einige Saab 96 – bis zum ganz schnellen mit 167 PS um 50 000 Euro. Das hat mein Freund aber nicht gemeint, als er einmal sagte, man sollte immer das teuerste der angebotenen Wunsch-Altautos kaufen, weil es dann nachher nicht so teuer wird. Aber ganz ehrlich zwischen 7 000 und 50 000 Euro ist viel Platz. Ich hätte da gleich ein bis zwei Favoriten, höchst geeignet für das historisch passende Motto „gleiten statt hetzen“. Geht ja mit dem Saab-schen Freilauf noch besser.

Vier Sitze, wenig Luftwiderstand, gut gebaut, ungefähr so alt wie die eben ausgemusterten Saab 105 Flugzeuge des Bundesheeres. „Fliegende Tonnen“ und „Draken“ flogen nicht so lange. In der Zeitschrift „hobby“ stand als Überschrift zum Vorgängermodell „93“: „Wenn Flugzeugingenieure ein Auto bauen…“ so erinnere ich mich jedenfalls als Kind gelesen zu haben, dazu unscharfe Schwarzweißfotos… Hat mich damals nicht weiter interessiert, irgendwie ist aber eine seltsame Faszination bis heute geblieben. Und sie hat durch die Fahrerlebnisse nicht gelitten. Im Gegenteil.

 

PS: die oben begonnene ja/nein Liste ließe sich noch ganz schön lange fortsetzen…

und PPS: diese Saab Autos erinnern mich auch an Dietmar Steiner, den Gründer des Architekturzentrums Wien. Er hatte die Kombiversion des Autos. Besonders praktisch. Es trug die Typbezeichnung „95“.

Regen

27.11.2020