Win-win-Situation
2.12.2022
Wer spielt mit? Weil ich gerne die Klasse wechseln möchte, aber es hasse,
selbst Autos zu verkaufen, habe ich nach einem Besuch im Dorotheum spontan den
Beschluss gefasst, dort meine beiden Formel Ford Rennautos anzubieten. Beide
habe ich gemeinsam mit Walter schon für die nächste Saison 2023 rennfertig
gemacht, da mich aber nächstes Jahr ein runder Geburtstag erwartet, fragte ich
mich, ob es nicht Zeit wäre, von Monoposti Abschied
zu nehmen.
Da ich beide sehr mag und hervorragende Erinnerungen mit ihnen verbinde,
ertrage ich Verkaufsverhandlungen kaum. Deshalb also: auslagern an das
Dorotheum. Habe mich vom Zuständigen dort sehr
verstanden gefühlt, er bot einen, wie mir scheint, optimalen Auktionstermin (6.
Dezember, da bleibt ein ganzer Winter zum Kennenlernen der Autos) an, und für
mich könnten sich bei dieser Aktion unterschiedlichste Optionen ergeben.
Gute
Möglichkeiten
Zum Beispiel: beide Autos werden verkauft, dann kann ich weiter über neue
Pläne nachdenken. Oder: – eines wird
verkauft, dann kann ich entweder mit dem historischeren Alexis (Baujahr
1969) schöne Runden drehen oder mit dem
schnelleren und bei mir immer verlässlichen Van Diemen
(Baujahr 1988) weiterfahren, mit dem – auch von mir
– so manches Rennen gewonnen wurde.
Und die dritte Variante ist auch nicht schlecht – ich kann beide Autos
behalten und habe die Wahl, ob ich lieber eitel oder schnell unterwegs bin.
Schließlich wird es nächstes Jahr beim Histo-Cup auch eine Veranstaltung in
Italien geben, was mich besonders freut.
Beim Ventilspiel am 30. September, das ist schon nach dem runden
Geburtstag, möchte ich auf jeden Fall - womit auch immer - fahren, mit der
entsprechenden Würde des Alters.
Viele
Chancen
Ich halte fest: da wird eine Win-win-Situation nicht nur für mich
angeboten: für jene Person, die entweder ein ideales Auto zum Einstieg in den
historischen Rennsport ersteigert (Van Diemen), oder für die, die sich für
eines der schönsten historischen Autos im Feld entscheidet, vielleicht auch für
die, die mitsteigern, aber doch nicht den Zuschlag erhalten, weil sie den
letzten Schritt doch nicht machen wollten.
In „Hauptsache es rollt“ habe ich ja schon viel zu diesem Thema und die
beiden Autos geschrieben.
Am Beginn
stand die Frage, ob ich von Gleichmäßigkeitsfahrten auf Rennen umsteigen
möchte, samt den entsprechenden Erfordernissen wie Anhänger, Box etc. Das war
der erste Text dazu: Ich
fahre - also um die Wette. Ich hatte ja schon bei meinem
ersten Rennwochenende einen Klassensieg erreicht, und wenn man in diesen Zeiten
Autorennen fährt, dann stellt man sich selbst einige Fragen (auch ökologischer
Art) und wird auch gefragt, das führt zu Anfragebeantwortungen. Eine Überraschung erlebte eine Freundin, als sie einmal
zum „Ventilspiel“ mitkam: sie hatte noch nie so viele Glückliche
Männer an einem Ort gesehen, sagte sie zumindest: Und dass für
mich Rennfahren Erholung ist, wollte ich auch nicht verschweigen in Gentle
racing.
Auf
Hauptsache es rollt gibt
noch viel mehr Texte, in denen Autos, Fahrräder und auch meine Formel Ford
Abenteuer vorkommen. Für mich ist dieses im Kreis Fahren ja
immer Jenseits des
Ernstes geblieben und ich hoffe, ich habe
damit nicht meine Kollegen provoziert. Wenn ich keine elektronische Zeitmessung
an Bord hatte, wenn ich mich altmodisch auf mein Popo-Gefühl verlassen hatte,
wenn es darum ging, schneller um die Kurven zu kommen. Es war ein – wie ich glaube
–Nachholen von Kinderträumen: Formel Ford ist nach wie vor nicht allzu teuer,
es wird nicht viel Benzin verbraucht, für den Transport genügt eine
Anhängerkupplung am Familienauto und ein leichter Anhänger. Und es muss ein
wenig Reifen und Werkzeug geschleppt werden, ich bin froh, wenn Walter mit zu
den Rennen kommt, denn technische Betreuung minimiert nun einmal das
Ausfallsrisiko und allfällige Freuden und Verzweiflung kann geteilt und auch
bekämpft werden.
Wie lange
Kind bleiben?
Als
Bub las ich einmal in der schweizerische Motorsportzeitschrift „powerslide“ einen Text von Gianrico Steinemann,
dem damaligen Chefredakteur. Er war ein sehr guter Schweizer Langstreckenrennfahrer,
wurde später Porsche Rennleiter und beendete den Job, so hieß es, nachdem es
sehr viele tödliche Unfälle, von denen auch sein Team betroffen war, gegeben
hatte. Dieser Text - „Tagebuch eines verhinderten Rennfahrers“, so hieß er,
glaube ich, war voller Selbstironie geschrieben - so ungefähr „Als die anderen
Vergaser einstellten, war ich damit beschäftigt, Aufkleber am Wagen
anzubringen“. Der Zugang gefiel mir angesichts meiner überschaubaren
technischen Fähigkeiten, obwohl ich zugeben muss, dass ich das Startnummern
aufkleben hasse: immer bleiben irgendwelche Luftblasen unter dem Plastik. Zum
Vergaser Einstellen und Ähnlichem befrage ich lieber Spezialisten. Reifen
wechseln, das übersteigt meine Fähigkeiten nicht.
Ich
bin also noch immer zufrieden mit meinem Zugang zu einem kindlichen Hobby, das
ich nicht als Sport bezeichnen will.
Langsam
aber glaube ich, könnte ich Kategorie wechseln. Dorthin zurück, womit ich die
alte Herausforderung begonnen habe: ich träumte immer davon, wie in den
klassischen Zeiten mit dem Rennwagen zur Piste zu fahren, und dann wieder mit
demselben Auto nach Hause zu kommen. So habe ich es auf verschiedenste
Rennstrecken geschafft, manchmal aber endete so ein Versuch am Abschleppwagen. Egi ist da mein Vorbild, er fährt mit seinen Jaguars zu
jedem Rennen „auf Achse“. Außerdem kann er schrauben. Deshalb kommt er auch
immer auf Achse nach Hause. Sein Rekord? Vom Innviertel nach Monza und zurück
im offenen 50er Jahre Jaguar. Eine doch sehr britische Einstellung.
Glücksbringer
Wie
mein Spiel ausgehen wird? Was wird bleiben, was wird kommen? „Prognosen
sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen“. Ob dieses Zitat von
Erich Kästner stammt, von Mark Twain oder von Niels Bohr ist umstritten. Ich
plädiere für Niels Bohr, denn vom Physiknobelpreisträger 1922 stammt auch eine
andere irgendwie dazu passende Anekdote: sein Kollege Wolfgang Pauli soll anlässlich eines
Besuches gesehen haben, dass über der Eingangstür Bohrs ein Hufeisen montiert
war, und auf die Frage, ob denn Bohr an die Wirkung eines solchen
vermeintlichen Glücksbringers glaube, soll dieser geantwortet haben, dass er
natürlich nicht daran glaube. Allerdings: „es soll einem auch helfen, wenn man
nicht daran glaubt.“ Diese Geschichte hat mir ein Freund und
Naturwissenschaftler erzählt, und dass er wohl oder übel an das Glück glauben
muss, kann man an der Wahl seines Hobbys erkennen, er sammelt alte Citroens.
Was
mein Glück betrifft, mit meiner Win-win Situation?
Nach dem 6. Dezember, dem Tag der Versteigerung, weiß ich vielleicht mehr darüber.