rainer rosenberg

 

 

genug gefragt

 

 

Podcast vs. Radio

Klar, es wird viel mehr Radio gehört als Podcast. Aber ich entdecke, dass die TeilnehmerInnen meiner Lehrveranstaltungen über Radio mindestens soviel Podcast hören wie Radio. Wir diskutieren dann und versuchen unterschiedliche Charakteristika zu benennen. Das Ergebnis: Menschen die Geschichten hören wollen genügt das herkömmliche Radio nicht mehr. Auch wenn noch immer das entscheidende Motiv Radio zu hören, die Musik und die Berieselung ist - die kurzen Beiträge, das affirmative Geschwätz können die HörerInnen, die mehr Inhalt wollen, nicht ausreichend unterhalten.

 

Information & Unterhaltung

Bruno Kreisky sagte einmal vom Fernsehen, es sei ein Unterhaltungsmedium, und das trifft auch für so manches gedruckte Boulevardmedium zu und natürlich für Radiosender. Der hehre Kulturanspruch, den z.B. Ö1 oder ORF III zu erfüllen behaupten, kann nicht für alle Publikumsgruppen eingelöst werden. Zu verschieden sind die Bedürfnisse, zu unterschiedlich die kulturellen Äußerungen.

Im Rahmen eines Workshops von Petra Herczeg und mir, der am vergangenen Freitag an der Universität Innsbruck im Rahmen einer Ringvorlesung abgehalten wurde, ging es um Medien für Jugendliche, die ja eine besonders interessante und auch schwierige Zielgruppe sind: sie haben so viel Medienkonsum, dass für die traditionellen Anbieter weniger Zeit bleibt und die Frage, wie sich der Medienkonsum im Laufe des weiteren Lebens entwickeln wird. Noch immer erinnern sich z.B. viele Ö1 HörerInnen an das „Traummännlein“, das sie in ihrer Kindheit begleitet hat. Sie wissen also schon seit frühester Jugend, dass ihnen das Radio etwas bieten kann. Das war ja auch einer der Gründe, warum z.B. auf Ö1 die Kindersendung „Rudi der rasende Radiohund“ eingeführt wurde. Kinder sollten bemerken, dass es in diesem Medium der Eltern und Großeltern auch etwas speziell für sie gibt, das nicht vor allem die Lebenswelten der Erwachsenen reflektiert. Ich wurde in Innsbruck gefragt, wie ich „Jugendliche“ im Zusammenhang mit Medien definiere. Ich habe geantwortet: wenn Kinder ihren Medienkonsum unabhängig von den Eltern bestimmen. Und da sind wir dann bei den You-Tubern, den Influencern, bei Spielen, ja, und auch möglicherweise bei Podcasts.

 

Ein Vergleichstest

Was unterscheidet also Podcasts von Radio: es gibt normalerweise praktisch keine Musik, es wird erzählt und gesprochen, man macht viel selbst und gibt sich so, wie man gern sein möchte oder wie man ist. Und es gibt professionelle Podcasts und amateurhafte, welche die themenzentriert sind und andere, die mehr personengebunden sind, meistens wird kein Geld damit verdient… um ein Beispiel zu entwickeln haben wir in Innsbruck zwei Gruppen von Studierenden, die Aufgabe sich mit dem Thema „Was erwartet StudienanfängerInnen an der Universität“ zu beschäftigen – eine Gruppe sollte einen Radiobeitrag machen, eine einen Podcast. Und dann haben wir die Ergebnisse diskutiert. Interessanterweise wurden Vor- und Nachteile der jeweiligen Hörstücke sofort erkannt. Niemand hat gewonnen, beide waren auf ihre Art interessant. Information fließt bei beiden Formen, aber auf jeweils andere Weise.

 

Podcast von Johanna Mihevc, Nicola Stefflbauer & Johannes Walinger

Radiobeitrag von Daniela Melchiori & Susanne Schulz

 

Die gekrümmte Zeit in Krems

8.4.2019