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Ich-Botschaft
Ich gestehe, wenn diese Rubrik „genug
gefragt“ heißt, soll das bedeuten, dass ich mich nach jahrzehntelangem Fragen
stärker auf das Schildern von Beobachtungen, Erlebnissen und Reflexionen
konzentrieren wollte.
Über das ICH im Journalismus gibt es ja sehr viele Diskussionen. Seriöse Medien, wie etwa die
FAZ, wollen es noch immer nicht, manche flüchten sich in ein „Man fragt sich…“
und machen damit nichts, als ein persönliches Fürwort in etwas
Verallgemeinerndes zu verwandeln. Ähnlich wie Menschen, die z.B. auf eine
Radiosendung reagieren und dann „wir“ statt „ich“ schreiben, wenn sie empört
sind, ohne zu sagen, wer denn mit diesem „wir“ gemeint sei.
Das „man“ wurde durch so manches
Rhetoriktraining überwunden, und das unpräzise „wir“ könnte mit der Zeit
aussterben, wenn es nicht durch ein fiktives Identitäts-Wir ersetzt wird.
ICH aber hat größte Konjunktur – was
nicht bedeutet, dass da Ich-Stärke dahintersteht, eher ein bestimmtes
Rollenverständnis, eine demonstrierte eigene Bedeutung - im Gegensatz zu
allgemeiner Bedeutung?
Fragen ohne Antworten
Genug gefragt. Den Titel der Rubrik
könnte man vielerorts anwenden. Fragen hat ja keinen
Sinn, wenn man bemerkt, dass die Person, die gefragt wird, nicht antworten
will, sich – vornehm formuliert – dem Sprachspiel „Frage/Antwort“ verweigert.
Es hat auch keinen Sinn, wenn z.B. in Medien nur gefragt wird, um eine Frage
zumindest gestellt zu haben, weil sie von der Öffentlichkeit erwartet wird, die
genauso erwartet, dass keine echte Antwort erfolgt, sondern eine Parole. Solch
eine Frage will keine Antwort, sie will nur die Nicht-Antwort demonstrieren.
Findet solch ein Spiel vor aller
Augen – zum Beispiel live im Fernsehen – statt, ist dies vielleicht eine
Performance, für die man nach Lust, Laune und Sympathie Applaus und Abscheu zum
Ausdruck bringen kann, Erkenntnisgewinn ist wenig zu erwarten. Findet es im
privaten Zusammenhang statt, nennt man so ein Verhalten wohl „nicht sinnvoll“ oder
auch „Frechheit“. Grundsätzlich, wenn gefragt wird und Kommunikation das Ziel
ist, sollten nicht stereotype Fragen gestellt werden, nicht wie etwa nach einem
Schirennen die ewig selben Phrasen.
Sweet little lies
Allerdings, dies sei zugegeben, sind
kleine Lügen oft angenehmer für beide Kommunikationspartner*innen als ehrliche
Antworten, wer will schon wirklich eine „wahre“ Antwort auf „Wie geht’s?“ Das
erwartete „Danke, gut“ lässt viele Interpretationsmöglichkeiten offen, die dem,
was das Gegenüber fühlt, näher kommen als der Wortsinn
von „gut“.
Dennoch, für Politiker*innen sollte
die Möglichkeit etwa zu sagen „Wir arbeiten für Österreich“ durch entsprechende
Fragen unmöglich gemacht werden. Dann wäre auch die Fortsetzung mit „Das war
nicht meine Frage“ obsolet geworden. Vielleicht braucht es dafür mehr Zeit,
mehr Charme, weniger Ritual, vielleicht sogar Einfühlungsvermögen. Ich nenne
jetzt keine Namen für Meister*innen des Nicht-Antwortens, ich betrachte es
allerdings fast als Zirkus irregeleiteter PR-Strategien für Befragte - mit Fragen Stellenden, die ihre Zuflucht beim
eigenen Ego suchen.
Joseph Roth und Karl Valentin
Für mich persönlich bedeutet der Rubrikentitel „genug gefragt“, dass ich stärker vom
fragenden Journalismus zum beschreibenden komme, auch wenn das Zitat von Joseph
Roth von bleibender Gültigkeit ist, dass die Leser*innen in den Zeitungen nur
den Fragesätzen trauen mögen. Das Ego-Kommentieren aber ist mir vergällt: auch
da gilt der Karl Valentin Satz „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von
allen“. Klar gehöre ich zu „allen“, aber es fällt mir immer schwerer, mich zu
empören. Noch immer will ich „Meinung“ durch Recherche und Analyse ersetzen und
bemühe mich möglichst wenig selektiv wahrzunehmen. Auch weil ich draufkomme,
dass mir die, von denen ich dachte, sie stünden mir nahe, im Diskurs oft
genauso fernstehen, wie die, von denen ich das annahm.
“genug gefragt“ als Podcast
Noch eine „Ich-Botschaft“ von mir:
ich erlaube mir nun, Texte, die ich eigentlich für Lesende schreibe, auch zu
sprechen. Weil ich den Verdacht habe, dass manche lieber zuhören, als ständig
auf den Bildschirm zu schauen. Ich hoffe auf ein wenig Freude bei den Zuhörenden,
ganz nach dem Motto „Wer nicht lesen will, kann hören“.
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Gegenstand
Abstraktion Dimension