rainer rosenberg

 

 

Hauptsache es rollt

 

 

Glückliche Männer

4.10.2018

 

Weil kommenden Samstag die nächste Ausgabe des „Ventilspiel“ stattfindet, hier ein Text, den ich im vergangenen Jahr für die „autorevue“* geschrieben habe:

 

„Ich habe noch nie so viele glückliche Männer an einem Fleck gesehen“, sagte eine Freundin, als sie einmal beim Ventilspiel mit war. Und es stimmt, sie bringen ihre Autos auf Anhängern, schrauben davor, danach und währenddessen und hoffen, dass kein grober Unfug passiert: z.B. mit einem Formel 1 auf feuchter Strecke etwas zu viel Gas geben. Aber es hat jeder so seine Befürchtungen und Gefahrenmomente. Egal ob Formel Auto, VW Pritsche oder Fiat 128 Kombi knapp vor dem Umfallen.

Beim Ventilspiel ist der tierische Ernst programmatisch ausgeschlossen, auch wenn es wohl immer so bleiben wird, dass irgendeine Art von Wettbewerbsgedanken sofort auftaucht, wenn zwei Rennwägen nebeneinander stehen.

Wenn man Rennen fährt, muss man riskieren, dass man sein Auto beleidigt, das Ventilspiel ist nun kein „Rennen“, will aber dennoch „Motorsport wie damals“ sein – dafür legen die zahlreichen Strohballen Zeugnis ab, die gewisse Flächen kennzeichnen. Keineswegs dienen sie zur Erhöhung der Sicherheit der Fahrer und Fahrzeuge, wie damals, als sie z.B. Randsteine abdeckten.

 

Vor zwei Jahren fuhr ich das erste Mal mit zwei Autos – der Ginetta G4 und dem Van Diemen Formel Ford. 8 Stints sind fast 4 Stunden Fahren, doppelt so viel wie bei einem Grand-Prix.

2016 hat mich im letzten Stint ein „Leihwagenfahrer“ rausgeschubst, 2017 wurde das Heck des Formel Ford als Rampe für einen kleinen „Abflug“ benutzt. Diesmal konnte ich fast ungestört weiterfahren und bekam am Abend sogar noch einen silbernen Kranz umgehängt. Und auch wenn es nur um Gleichmäßigkeit ging, um die ich mich nicht wirklich gekümmert hatte, ich strahlte doch. Siegerehrung zwischen Strohballen, rundum lachende Gesichter…

Die Jahrgänge der Autos sprechen für „wie damals“ genauso wie die Geburtsdaten vieler Fahrer, bloß, dass viele von ihnen „damals“ nicht Auto gefahren sind, sondern nur davon geträumt haben, eines zu lenken, das 32 mal so groß ist wie ihr Slot-Car (Scalextric) oder 24 mal (bei Carrera). Haben wir es also beim Ventilspiel mit Freudenvergrößerung zu tun - je nach Maßstab der Wohnzimmerrennbahn?

Ein Overall wird aus Sicherheitsgründen gewünscht und auch wegen der Zeit gemäßen „Verkleidung“ der Teilnehmer/innen. Allerdings: Rennfahrer wird man nicht, wenn man sich umzieht, Rennfahrer ist man nicht, wenn man mit einem alten Auto im Kreis fahren will oder wenn man die Autos liebt, Rennfahrer ist man nur, wenn man absurderweise schneller fahren will als andere. Und so heulen die Motoren beim Ventilspiel und die Fahrenden wollen lieber überholen als überholt werden. Bei einem offiziellen Rennen ist dies der anerkannte Sinn, aber hier? Ein Spiel? Ein so tun als ob? Oder aber ist vielleicht das, wofür man einen Lorbeerkranz bekommen kann, gar nicht die wirkliche Aufgabe, geht es um die „bella figura“ vorzugsweise einem selbst gegenüber?

Da dreht sich einer, dort muss ausgewichen werden, die Remus Kurve bräuchte den ersten Gang, die Fünfte ist vielleicht bei Start/Ziel zu lang -man redet und redet, erklärt und erklärt. War man zum Genießen zu gestresst, weil der Teufel des Wettbewerbs auch am Spielplatz wütet?

Aber alle, die heil an Körper, Seele und Wagen ins Ziel kommen, neigen zur Euphorie: ich bat einen Mit Ventilspieler um einen Satz zum Ventilspiel - und überhaupt nicht altersgemäß kam statt eines Satzes nur ein Wort: „urgeil“.

Ich glaube, ich sollte die Freundin korrigieren: beim Ventilspiel sind nicht „glückliche Männer“ zu sehen. Es sind Buben. Buben jeden Alters.

Anfragebeantwortung

19.9.2018

 

Ich fahre - also um die Wette

13.8.2018

 

 

 

*Autorevue 11/2017